Die Lendenwirbelsäule, der untere Bereich der Wirbelsäule mit Übergang zum Becken, ist besonder häufig von degenerativen Erkrankungen wie beispielsweise Bandscheibenvorfällen, Engen des Nervenkanals (Spinalkanalstenose) oder Instabilitäten (z. B. Wirbelgleiten) betroffen. Da kaum ein Mensch im Laufe seines Lebens von verschleißbedingten Veränderungen verschont bleibt, ist es um so wichtiger, eine exakte Diagnose zu stellen und mit dem Wissen ein individuelles Behandlungskonzept zu erstellen. Entscheidend ist die Balance zwischen dem gewünschten Behandlungsziel und dem Aufwand der operativen Behandlung.
Klassische Symptome für degenerative Veränderungen an der Lendenwirbelsäule sind Schmerzen in Kreuz und Beinen (teilweise mit neurologischen AUsfällen), Gangunsicherheiten oder Gefühlsstörungen und Muskelschwäche in den Beinen. Je nach Ausprägung von Symptomatik und Krankheitsbild erstellen wir individuell einen Therapieplan, für den wir aus einem breiten Spektrum von konservativen Behandlungen bis hin zum operativen Eingriff schöpfen können.
Sie entstehen hauptsächlich durch die Degeneration der Bandscheiben im vorderen Bereich der Wirbelsäule (bauchwärts) und der kleinen Wirbelgelenke im hinteren Bereich der Wirbelsäule (rückenwärts).
Durch Alterungsprozesse mit zunehmendem Höhenverlust der Bandscheiben kommt es zu einer Störung der Statik der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Steilstellung und aufgehobener Schwingung (Lordose) der Wirbelsäule. Der Höhenverlust der vorderen Wirbelsäulenanteile bewirkt eine zusätzliche Druckbelastung auf die kleinen Wirbelgelenke in den hinteren Bereichen. Die Folge ist ein beschleunigter Abrieb des Knorpels (Facettenarthrose). Dies führt zu lokalen Kreuzschmerzen, die ins Becken und den Oberschenkel ausstrahlen können. Die Steilstellung der LWS bedingt eine vermehrte Muskelarbeit um den Oberkörper im Stehen gerade zu halten. Dadurch wird die Muskulatur chronisch überlastet und trägt so zusätzlich zu Kreuzschmerzen bei. Es besteht wie bei allen degenerativ veränderten Gelenken auch im Rücken ein typischer „Anlaufschmerz“, der nach Ruhephasen (morgens nach dem Aufstehen oder nach längerem Sitzen) zunächst besonders stark ist. Unter Belastung kommt es schmerzbedingt zu einer Verkürzung der Gehstrecke mit dem typischen Gefühl eines „Durchbrechschmerzes“. Die körperliche Belastung und Mobilität ist reduziert, der Schlaf ständig gestört und eine normale Arbeitsfähigkeit kann unmöglich werden.
Sie entstehen durch Druck auf eine Nervenwurzel seitlich im Wirbelkanal oder durch zentrale Einschnürungen des Spinalkanals.
Das Knorpelgewebe der Bandscheiben (Vorfälle) oder knöcherne Sporne (Osteophyten) führen also zu Irritationen an den Nervenwurzeln, indem sie diese verlagern oder quetschen. Dieser mechanische Druck auf die Nervenwurzel leitet die Schmerzen in das Versorgungsgebiet des Nerven, also in die Beine weiter (zum Beispiel eine Lumboischialgie). Gleichzeitig können auch Rückenschmerzen (Lumbago) vorliegen, die aber nur indirekt etwas mit dem Bandscheibenvorfall oder dem engen Nervenkanal zu tun haben. Sie kommen vom begleitenden „Verschleiß“ im Rücken.
Wenn der Druck auf den Nerven sehr groß ist, können zusätzlich neurologische Ausfälle auftreten. Typischerweise zeigen sich Gefühlsstörungen mit Kribbelparästhesien, Taubheitsgefühlen und Muskelschwächen bis hin zu Lähmungen im betroffenen Bein.
Bei einem Bandscheibenvorfall (NPP), entstehen die Symptome in der Regel plötzlich. Häufig kann sich eine betroffene Person noch an den genauen Moment erinnern, als die Schmerzen im Bein begonnen haben. Eine vorherige Phase mit starken lokalen Rückenschmerzen wird ebenfalls häufig beschrieben. Bei großem Druck auf den betroffenen Nerv kommt es hier schnell zu neurologischen Störungen, die mit den oben genannten Gefühlsstörungen bis hin zu Lähmungserscheinungen einher gehen können. Sehr große Vorfälle (Massenvorfall) beeinträchtigen sogar die Blasen- Darmfunktion und führen zu sexuellen Funktionsstörungen wie Erektionsstörungen oder Taubheit im Schambereich. Sie sind jedoch zum Glück extrem selten.
Während also ein Bandscheibenvorfall meist zu einem plötzlichen (akuten) Auftreten von Beschwerden führt, kommt es beim Anbau von knöchernen Spornen (Osteophyten) an den Wirbelkörpern zu einer langsamen Einengung und damit zu eher schleichend auftretenden und sich immer weiter verschlechternden (chronischen) Beschwerden.
Sie entstehen durch Druck auf das Nervenbündel (Cauda equina) mittig im Wirbelkanal. Durch breitbasige Bandscheibenverlagerungen, Wucherungen von Fasergewebe und den Anbau knöcherner Sporne an den Wirbelkörpern und - gelenken, kann es zu einer zentralen Einengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) kommen. Häufig liegen die Ursachen in einer Kombination aus allen drei Faktoren.
Die Kompression der Nerven zeigt sich für den Patienten durch eine schleichend abnehmende Gehstrecke (Claudicatio spinalis). Sie geht einher mit Schwächegefühlen in den Beinen, gehstreckenabhängigen Schmerzen, Kribbeln und Taubheit. Insgesamt ein sehr vielfältiges Beschwerdebild das sich bei jedem Patienten etwas anders darstellt und mal das eine, dann das andere Symptom im Vordergrund steht. Allen ist jedoch gemein, dass die Gehstrecke langsam abnimmt und erst Besserung eintritt, wenn man stehen bleibt oder sich vornüber beugt. Fahrradfahren ist im Allgemeinen weiterhin gut möglich, ohne dass Symptome in den Beinen auftreten. Schwerwiegende Symptome wie Lähmungen, Störungen der Blasen- und Darmkontrolle und sexuelle Funktionsverluste bei Mann und Frau sind sehr selten und entstehen mit wenigen Ausnahmen nicht plötzlich.
Bei einer reinen Schmerzsymptomatik mit leichten Kribbelgefühlen wird im Allgemeinen zunächst eine konservative Behandlung über 6-8 Wochen empfohlen. Die Selbstheilung kann bei frischen, weichen Bandscheibenvorfällen durch Wasserverlust und Einschrumpfung erfolgen. Dies braucht allerdings einige Wochen bis Monate Zeit. Das Ziel der konservativen Therapie ist die Besserung des Schmerzbildes, so dass der Patient im Alltag wieder normal belastbar und arbeitsfähig wird. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung sind sehr vielfältig und wirken bei jedem Patienten unterschiedlich gut. Die gezielte CT- oder Röntgengesteuerte Spritzentherapie ist ein wichtiger Bestandteil der konservativen Maßnahmen und hilft, gerade in den Akutphasen der Krankheit, eine schnelle Besserung der Schmerzen zu erreichen.
Gelingt eine zufriedenstellende Linderung der Beschwerden, ist natürlich keine Operation notwendig. Nur weil ein Bandscheibenvorfall vorliegt, muss also noch lange nicht operiert werden.
Klingen die Schmerzen nicht zur Zufriedenheit ab oder bestehen neurologische Ausfälle und die Bildgebung zeigt einen die Beschwerden erklärenden Befund (z.B. Nachweis eines passenden Bandscheibenvorfalles im MRT), ist die Situation neu zu bewerten. Dann kann eine operative Lösung notwendig werden.
1. Bei einem reinen Schmerzsyndrom mit hohem subjektiven Leidensdruck, welches nach 6-8 Wochen konservativer Behandlung (einschließlich radiologisch-gesteuerter Spritzentherapie) nicht abgeklungen ist, empfehlen wir eine Operation. Wenn man sehr lange wartet und die Schmerzen monatelang bestehen, kann es durch Veränderungen im Nervensystem selbst und im Schmerzzentrum des Gehirns zur Entwicklung eines chronischen Schmerzsyndroms kommen. Die Schmerzen bekommen dann oft einen brennenden Charakter und sind schließlich weder operativ noch medikamentös günstig zu beeinflussen. Um das zu verhindern, kann eine Operation notwendig werden.
Bei isolierten Rückenschmerzen ist die Entscheidung zur Operation sehr viel zurückhaltender zu stellen. Da die Gefahr einer Chronifizierung der Schmerzen hier nicht so hoch ist, kann deutlich länger konservativ behandelt werden.
2. Patienten mit Taubheitsgefühlen und einer Muskelschwäche (Lähmung) an den Beinen oder Füßen raten wir eher zu einer Operation, denn solche Ausfälle signalisieren eine Schädigung des Nervs durch den starken Druck. Bestehen diese Ausfälle länger, kann es zu einer bleibenden Schädigung des Nervs kommen und eine Erholung der Ausfälle ist dann trotz Operation häufig nicht mehr möglich.
3. Eine zunehmende Verkürzung der Gehstrecke, schmerzhafte Ausstrahlung in die Beine und Taubheit können bei einer Enge im Nervenkanal (Spinalkanalstenose) eine Operation notwendig machen. Auch hier sind das Ausschöpfen der konservativen Maßnahmen und der individuelle Leidensdruck die wichtigsten Parameter, die eine Entscheidung zur operativen Befreiung des Nervenkanals beeinflussen.
4. Bei sehr großen Bandscheibenvorfällen, die mit Taubheit im Schambereich (Reithosenanästhesie), Störungen der Blasen- und Darmkontrolle sowie sexuellen Funktionsverlusten bei Mann und Frau einhergehen, handelt es sich um einen sehr seltenen aber schwerwiegenden Notfall, der sofort behandelt werden muss. Die aufgetretenen Ausfälle erholen sich oft nur sehr zögerlich und manchmal gar nicht. Eine schnelle Diagnostik mittels Kernspintomogramm (MRT) und eine zügige operative Behandlung bei entsprechendem Bildbefund sind hier entscheidend.
Nicht nur unsere beiden Chefärzte halten das Master-Zertifikat der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft, auch unsere Wirbelsäulenchirurgie an sich ist durch die DWG als besonders hochqualitativ ausgezeichnet. Für dieses Qualitätssiegel ist vor allem eine hohe Fallzahl an spezialisierten Eingriffen nötig, die in Kempen seit Jahren vorhanden sind und lückenlos erfasst werden. Dieser langjährige Erfahrungsschatz, hohe Ansprüche an das Qualitätsmanagement und ein interdisziplinärer Austausch unserer Experten sorgen für eine überdurchschnittliche Behandlungsqualität im Hospital zum Heiligen Geist.